Bewerben bei Internationalen Organisationen - Interview mit Petra Förste
Petra Förste ist Beraterin für das Büro Führungskräfte zu Internationalen Organisationen (BFIO), der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), die in der Bundesagentur für Arbeit in Bonn angesiedelt ist. Das BFIO informiert und berät Führungs- und Führungsnachwuchskräfte zu allen Fragen hinsichtlich der Beschäftigung bei Internationalen Organisationen. Dazu gehören die Vereinten Nationen (UN) mit ihren Unter- und Sonderorganisationen, die Institutionen der Europäischen Gemeinschaften, Internationale Finanzorganisationen und Fachorganisationen mit spezifischen Aufgabenstellungen.
Frau Förste, welche Beratungsleistungen bietet das BFIO an?
Wir unterstützen die Bundesregierung dabei, den Personalanteil Deutscher in internationalen Organisationen wie zum Beispiel EU oder UN zu erhöhen. Dazu gehört, dass wir Beratungsleistungen für Personen, die sich in internationalen Organisationen bewerben möchten, anbieten und ihren Bewerbungsprozess individuell begleiten.
Die Beratung kann persönlich vor Ort in Bonn oder Berlin und per Telefon erfolgen. Manchmal reicht auch eine Beratung in schriftlicher Form. Wir beraten sehr individuell und starten meist mit einer beruflichen Standortanalyse, d.h. wir schauen, wo die Person aktuell steht, wie viel Erfahrung sie hat und wie es weitergehen soll. Wir geben auch Tipps, wo Stellen ausgeschrieben werden. Bei Interesse an einer konkreten Stelle gleichen wir in der Beratung die Ausschreibung mit dem Profil ab und schauen, auf welchem Stand die Unterlagen sind.
Manchmal begleiten wir den Prozess bis hin zur Stellenbesetzung und unterstützen konkret bei der Vorbereitung auf die Auswahlgespräche. Zum Teil beraten wir auch in Zusammenarbeit mit dem Koordinator für internationale Personalpolitik im Auswärtigen Amt und den ständigen Vertretungen vor Ort, also an den Standorten, wo sich die Organisationen befinden.
Ganz wichtig ist immer, selbstkritisch zu überprüfen: Passt mein Profil zu den geforderten Voraussetzungen? Auf Positionen in der UN gibt es immer sehr viele Bewerbungen und die Konkurrenz ist groß. Zudem gibt es meist nur befristete Arbeitsverträge, häufig wechselt man alle zwei Jahre den Posten, Mobilität ist Teil des Beschäftigungskonzepts der UN und manche Standorte sind prekär. Man sollte sich fragen, ob man damit umgehen kann. Auch diese Fragen besprechen wir in der Beratung.
Welche Einstiegsmöglichkeiten gibt es in IOs wie z.B. bei der UN?
Unbefristete Stellen, gerade zum Start, gibt es so gut wie gar nicht bei der UN. Es gibt Einstiegsprogramme wie das Young Professionals Programme (YPP) und das Junior Professional Officer Programm (JPO) für Bewerber*innen mit weniger Berufserfahrung. Für das YPP liegt die Altersgrenze bei 32 Jahren. Das JPO wird vom BFIO gesteuert und umgesetzt. Jährlich gibt es 60 solche Stellen. Dann gibt es das Freiwilligenprogramm der UNV, das sich auch für Menschen mit Berufserfahrung anbietet.
Was wir immer empfehlen, ist eine Registrierung im Stellenpool des Auswärtigen Amtes, wo alle Stellen, auf die sich Deutsche bewerben können, mit einer wöchentlichen Aktualisierung veröffentlicht werden.
Bewerber*innen, die viel Auslandserfahrung, aber keine Vorerfahrung in einer IO mitbringen, können sich auf den Websites der einzelnen Organisationen umschauen und auf Einzelausschreibungen achten. Für sie bietet sich zum Beispiel eine Consultancy an, um den Einstieg zu finden. Ein Beratungsvertrag kann drei bis 12 Monate umfassen. Daraus können sich wieder neue Aufträge ergeben und dadurch entwickelt sich auch ein Stück weit das Profil.
Wer länger im Ausland gearbeitet hat und viel Felderfahrung mitbringt, sollte sich die Stellen raussuchen, wo dies vorausgesetzt wird; dort hat man gute Chancen.
Schwierig wird es an Headquarterstellen, weil sich dort viele qualifizierte Bewerber*innen um wenige gefragte Vakanzen bemühen. Deshalb empfehle ich, auf Stellen an Außenpositionen und bei Unterorganisationen der UN zu achten.
Wo und wie sucht man am besten nach geeigneten Stellen?
Die Suche nach Stellen in internationalen Organisationen ist sehr schwierig. Die UN ist z.B. gar nicht so präsent mit freien Stellenanzeigen auf dem Markt, denn sie rekrutieren ganz anders als große multinationale Unternehmen oder Unternehmensberatungen.
Es gibt viele verschiedene Websites, auf der Stellenanzeigen der UN veröffentlicht werden und jede einzelne Organisation hat dafür auch ihre eigene Website. Es gibt auch keinen einheitlichen Einstiegsprozess. Hier unterstützen wir Bewerber*innen, sich zurechtzufinden.
In der EU ist es einfacher, weil es eine zentrale Website gibt, auf der vakante Stellenangebote oder Informationen über das Auswahlverfahren, den allgemeinen Concours, veröffentlicht werden. (siehe Kasten unten)
Wie läuft das Auswahlverfahren ab? Gibt es einen einheitlichen Prozess?
Für die Auswahlverfahren gibt es keinen einheitlichen Prozess. Meistens sind sie mehrstufig mit ein oder zwei Interviews und einem schriftlichen Test. Generell sollten sich Bewerbende auf Competency based Interviews (CBIs) einstellen. Das sind Interviews, bei denen ganz gezielte Fragen zum beruflichen Hintergrund gestellt werden, die Aufschluss über das berufliche Handeln geben. Es geht z.B. darum, personale Kompetenzen, wie Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen oder Problemlösungskompetenzen anhand konkreter selbsterlebter beruflicher Situationen zu schildern. Darauf sollte man sich ganz konkret vorbereiten und dabei unterstützt das BFIO.
Das ist auch häufig ein Anliegen, mit denen Personen auf uns zukommen, bei denen das Interview ansteht. Wir simulieren dann das CBI-Interview ganz konkret auf die jeweilige Ausschreibung bezogen. Darauf kann man sich gezielt vorbereiten. Auch im Internet gibt es viele Beispiele für diese CBI Interviews.
Man braucht eine gute Portion Durchhaltevermögen, da sich das Verfahren lange hinziehen kann: Von der Ausschreibung der Stelle bis hin zur Besetzung vergehen oft acht bis zehn Monate.
Gibt es Möglichkeiten der Kurzzeitbeschäftigung?
In der UN sind Kurzzeitbeschäftigungen beschränkt. Aber es gibt andere Organisationen, die so etwas anbieten: die EU und NGOs. Auch das ZIF in Berlin sucht oft berufserfahrende Fachkräfte für kurzzeitige Engagements im Ausland wie Wahlbeobachtung, und zunehmend auch Bundesministerien, die um den Nachwuchs kämpfen müssen.
Welche Profile werden gesucht? Welche Voraussetzungen müssen Bewerber*innen für eine Stelle in einer Internationalen Organisation mitbringen?
Zurzeit stehen die fachlichen Themen Klimawandel, Umweltthemen, Friedenssicherung, Menschenrechte, Humanitäre Hilfe, Migration und Flucht und genderpolitische Themen im Fokus. Und alles, was mit der Umsetzung der Sustainable Development Goals zu tun hat. Entsprechende fachliche Profile werden gesucht: Politolog*innen, Jurist*innen mit bestimmten Spezialausrichtungen, Umweltökonom*innen, Profile, die mit umwelttechnischen Themen zu tun haben. Fortbildungen in diesen Bereichen sind sicher hilfreich.
Auch Studienabschlüsse in International Affairs, International development usw. sind sehr gefragt. Generell gilt: für die höheren Positionen brauchen Sie auf jeden Fall einen Masterabschluss und dann je nach Einstiegslevel, die entsprechende Berufserfahrung.
Vorerfahrung in einer IO ist kein Muss, aber internationale Erfahrung und multilaterale Erfahrungen sollten vorliegen, sonst wird es schwer, den Einstieg zu finden. Sehr gutes Englisch, natürlich auch in schriftlicher Form, ist obligatorisch. Hilfreich ist, wenn man darüber hinaus noch eine weitere UN-Sprache sehr gut beherrscht.
Wie sind die Rückmeldungen von Personen, die sie unterstützt haben?
Wir haben aus dem JPO Programm und auch aus der freien Beratung noch viele Kontakte zu Menschen, die in IOs arbeiten. Im JPO Programm liegt die Übernahmequote je nach Organisation zwischen 70 und 80 Prozent. Dennoch gibt es gemischte Rückmeldungen. Es gibt Personen nach drei bis vier Jahren sagen „Das ist doch nicht so mein Ding“. Vor allen Dingen, dass man sich immer wieder um eine neue Stelle bemühen muss, ist für einige schwierig. Diese Personen scheiden manchmal aus oder nehmen eine Beschäftigung auf dem deutschen Markt an, in der sie durchaus noch international tätig sind. Von vielen kriegen wir auch begeistere Rückmeldungen, die sagen „Das hat mein Leben verändert, das war genau das, was ich wollte.“ Das sind meist die Personen, die sich vorher schon klargemacht haben, was sie wirklich wollen. Manchmal steht auch am Ende eines Beratungsgesprächs der Entschluss, dass es nicht das Richtige ist.
Es gibt Punkte, die man nur selbst klären kann: Wie sieht mein Leben aus? Wie kann ich einen solchen Job mit meiner Familie vereinbaren? Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist im UN System nicht ganz einfach.
Diese Fragen fließen in unsere Beratung mit ein, ich persönlich finde das sehr spannend, allerdings sind das eben ganz individuelle Prozesse, die man nur selber entscheiden kann.
Als Referentin für das AGdD-Seminar „Bewerben bei Internationalen Organisationen“ haben Sie zurückgekehrte Fachkräfte aus dem Entwicklungsdienst kennengelernt. Wie schätzen Sie die Chancen auf eine erfolgreiche Bewerbung für Fachkräfte mit diesem Hintergrund ein?
Ich fand die Zielgruppe sehr interessant, weil sie sehr divers war und sehr unterschiedliche Kompetenzen mitgebracht hat. Für einige kommen noch Juniorstellen in Frage. Die anderen können sich bei den Einzelausschreibungen umsehen. Dann sind Geduld und Durchhaltevermögen gefragt.
Kontakt
BFIO - Büro Führungskräfte zu InternationalenOrganisationen
Bundesagentur für Arbeit
Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)
Villemombler Str. 76
53123 Bonn
Tel: +49 228 50208 2901
E-Mail: bfio(at)arbeitsagentur(punkt)de
BFIO Webseite – allgemeine Informationen zu Beschäftigungsmöglichkeiten in Internationalen Organisationen – Stellen im deutschen JPO Programm
Relevante Links: Stellensuche
Auswärtiges Amt: Stellen- und Personalpool des Koordinators für Internationale Personalpolitik
Auswärtiges Amt: Infoseite zur Karriere in Internationalen Organisationen
UN Careers und UN Stellenportale – alle Stellen, Einzelausschreibungen, Consultancies, YPP
EU Careers – Stellenausschreibungen und Infos zur Tätigkeit in der EU
https://www.eu-careers.europa.eu/
UN Freiwilligenprogramm
Und noch ein paar Tipps für die Stellensuche:
https://www.bmz.de/de/mitmachen/fachkraefte-im-entwicklungsdienst
https://unric.org/de/arbeitsmoeglichkeiten/freiwilligenprogramm/