Bildungs- und Lobbyarbeit für die Zivile Konfliktbearbeitung
Von Agnes Sander
Von 2010 bis 2013 habe ich im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) in Yaoundé, Kamerun, gearbeitet. Im Zentrum meiner Arbeit stand die Gewalt- und Konfliktprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Nach meiner Rückkehr habe ich mich erfolgreich auf eine Inlandsstelle beworben, die mir von Brot für die Welt angeboten wurde. Seitdem arbeite ich als Friedensbildungsreferentin im Projekt „zivil statt militärisch“ der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF).
Ich stelle meine Erfahrungen in Ziviler Konfliktbearbeitung unter anderem in Schulen, Jugendgruppen, Kirchengemeinden und bei Tagungen in Deutschland vor. Ein wichtiger Aspekt unserer Bildungsarbeit in diesem Projekt ist, dass wir selbst aus der praktischen Friedensarbeit kommen und unsere Erfahrungen einfließen lassen können. Da ich mich während meiner Zeit im ZFD vor allem mit dem Thema Jugendgewalt und generell mit der Situation Jugendlicher in afrikanischen Ländern befasst habe, kann ich gut an die Lebenswirklichkeit junger Menschen in Deutschland anknüpfen und so Brücken bauen zu Themen, die vielen Jugendlichen hier wichtig sind, zum Beispiel der Umgang mit Gewalt, mit Perspektivlosigkeit oder enttäuschten Zukunftsvisionen.
Fast alle Gruppen, mit denen ich arbeite, haben noch nie vom ZFD oder auch von Methoden der Zivilen Konfliktbearbeitung (ZKB) gehört. So ist das Minimalziel, dass die Teilnehmenden am Ende wissen, dass es Möglichkeiten Ziviler Konfliktbearbeitung bei Gewaltkonflikten gibt und dass diese funktionieren können. Wir wollen eine Vorstellung davon vermitteln, wie ZKB konkret aussieht, welches Konfliktverständnis dahintersteckt, und warum militärische Mittel Konfliktursachen nicht bearbeiten können. Erfahrungen mit ZKB zeigen sowohl im In- wie im Ausland, dass gewaltfreie Konfliktbearbeitung möglich ist. In Deutschland verfügen wir diesbezüglich über gute Instrumente und Programme. Dies ist aber viel zu unbekannt.
Meine Arbeit eröffnet mir die Möglichkeit, meine Erfahrungen kritisch zu reflektieren und in eine Form zu bringen, in der ich sie im Nachgang Menschen in Deutschland vermitteln kann. Dabei spielt unter anderem auch die kritische Frage nach der Wirksamkeit von Methoden eine Rolle: Es ist wichtig, auch Misserfolge zu benennen, nicht alles schön zu reden, sondern ein realistisches Bild zu zeichnen.
Mir ist bei meiner Arbeit bewusst geworden, dass diese Bildungsarbeit gleichzeitig auch Lobbyarbeit für das Thema ist und sein muss – diese ist sehr wichtig und notwendig. Diesbezüglich wünsche ich mir mehr Unterstützung aus anderen Bereichen. Vor allem die Politik sollte ein deutliches Signal setzen, dass ZKB im Vergleich zu militärischen Interventionen einen höheren Stellenwert erhält.
Agnes Sander war von 2010 bis 2013 in Kamerun (erschienen in transfer Ausgabe 1/2017)