Jetzt mal ganz friedlich

Den Friedensdienst per Podcast zum Thema machen

Jule Koch (re.) und Sebastian Niesar (li.) interviewen Friederike Repnik (AGIAMONDO) für ihren Podcast zur ZFD-Konferenz „Dealing with the past“.

Jule Koch und Sebastian Nieser

Facette 1 – der Anlass: Die Geschichte von „Jetzt mal ganz friedlich“ begann schon während unseres Auslandseinsatzes in Guatemala. Sebastian Niesar arbeitete dort als Konfliktforscher bei der Ombudsbehörde für Menschenrechte (PDH) zum Thema Frühwarnsysteme und ich, Jule Koch, als Theaterpädagogin bei zwei NGOs aus den Bereichen Menschenrechte und Vergangenheitsbewältigung. Beide waren wir bei der GIZ angestellt und bei lokalen Partnerorganisationen als „Friedensfachkräfte“ tätig. Friedensfachkraft – ein etwas ungewöhnlicher Begriff, der unseren Familien und Freunden Anlass zum Rätseln gab. Was genau ist Friedensarbeit? Und: Was tut man dabei eigentlich den ganzen Tag? Diese wiederkehrenden Fragen haben wir aufgegriffen, um sie 2019 zum Thema eines Audio-Podcasts zu machen.

Facette 2 – das Konzept: „Jetzt mal ganz friedlich“ beleuchtet den Alltag der internationalen Friedensarbeit in unterschiedlichen Kontexten, ganz subjektiv aus der Perspektive der entsandten Fachkräfte. In jeder Folge steht dabei ein Land im Fokus: Mit jeweils zwei Kolleg*innen vor Ort sprechen wir über die Projekte und das Profil ihrer Partnerorganisationen sowie über ihre eigenen konkreten Aufgaben. So skizzieren wir nebenbei auch die Konfliktgeschichte und die politischen Zusammenhänge in den Einsatzländern.

Facette 3 – die Umstände: Nachdem Sebastian und ich beide zu Beginn der Corona-Pandemie mit Repatriierungsflügen nach Deutschland flogen, waren wir noch einige Monate aus dem deutschen Homeoffice für die GIZ aktiv. Dann trennten sich unsere beruflichen Wege. Während Sebastian nach einer Pause inzwischen wieder in der Friedensarbeit beschäftigt ist, bin ich zurück in der Kulturbranche und leite ein Stadtteilkulturzentrum in Hannover.

Facette 4 – die Weiterentwicklung: Trotz unterschiedlicher Tätigkeiten haben wir den Podcast gemeinsam weitergeführt – wenn auch seltener neue Folgen veröffentlicht werden. Wegen der Gesprächspartner*innen in verschiedenen Ländern hatten wir die Interviews von Beginn an als Videokonferenz geführt. So konnten wir problemlos auch unter Pandemiebedingungen arbeiten. Während wir in Guatemala technische Unterstützung beim Audioschnitt hatten, haben wir uns in Deutschland selbst in ein Open-Source-Schnittprogramm eingearbeitet. Auch inhaltlich haben wir experimentiert und den Podcast weiterentwickelt. Statt des Länderfokus gab es beispielsweise spezielle Folgen zu Corona und seinen Auswirkungen auf die Friedensarbeit, zur ZFD-Konferenz „Dealing with the past“ oder zum Schwerpunkt „Frieden und Klima“. Seit einer Folge über den Studiengang „Friedens- und Konfliktforschung“ Ende 2020 bereicherten vier Studentinnen unseren Podcast mit einer Konfliktanalyse zum jeweiligen Fokus. Zwei davon sind auch nach ihrem Studium dabeigeblieben: Lea Stromowski und Sophie-Marie Annen.

Facette 5 – Win Win: Die Arbeit am Podcast profitiert sehr von unseren eigenen Erfahrungen in der Friedensarbeit. Ganz praktisch hatten wir Kontakte zu möglichen Gesprächspartner*innen. Inhaltlich sind uns die Arbeit und deren Herausforderungen aus eigenem Erleben vertraut. Wir kennen viele Themen, Begriffe und Diskurse in der Entwicklungszusammenarbeit und die Strukturen der Trägerorganisationen. Das hilft dabei, Schwerpunkte zu finden und Fragen zu stellen. Für mich ist der Podcast zudem eine schöne Möglichkeit, mich neben meinem aktuellen Job weiterhin mit internationaler Politik, mit Konfliktfeldern und Friedensinitiativen zu beschäftigen. Auch meine jetzige Arbeit profitiert von der Zeit als Fachkraft: Die internationale Erfahrung gibt mir Gelassenheit im Umgang mit widrigen Umständen und Verwaltungsvorgängen und erleichtert Perspektivwechsel in einem sehr heterogenen und diversen Stadtteil. Auch bei der neuen Tätigkeit haben wir übrigens während der Pandemie einen Podcast für den Stadtteil gestartet, in dem wir Projekte vorstellen und Menschen zu Wort kommen lassen.

Facette 6 – Schluss und kein Schluss: Viele Fragen der Familie, was Friedensarbeit eigentlich ist und sein kann, sind nach 24 Folgen beispielhaft beantwortet. „Jetzt mal ganz friedlich“ aber läuft weiter. In den Folgen ab Herbst 2023 werden wir uns auf Länder mit offenen Konflikten und akuten kriegerischen Auseinandersetzungen konzentrieren. Leider gibt es davon zunehmend mehr. Noch ein Grund, Alternativen zu Gewalt aufzuzeigen – und davon zu berichten.

Den Podcast findet man unter: https://jetzt-mal-ganz-friedlich.podigee.io/

 

Jule Koch Theaterpädagogin, Kulturmanagerin 2018 - 2020: Guatemala, GIZ

Sebastian Niesar Friedensforscher 2011 - 2014: Peru, GIZ 2017 - 2020: Guatemala, GIZ Seit 2022: Libanon, GIZ

Der Artikel erschien in Facetten der Rückkehr- transfer 02/2023.