Moderatorin Anne Beer im Interview

Mit Respekt vor der Kraft internationaler Begegnungen

Anne Beer war die Moderatorin des Austauschforums. Mit großer Sensibilität und methodischem Knowhow hat sie dafür gesorgt, dass alle Teilnehmenden zufrieden und inspiriert nach Hause gehen konnten. Beer war u. A. mit Peace Brigades International und für den Weltfriedensdienst im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes im Einsatz.

Eine zentrale Komponente des Austauschforums: Aktives Zuhören.

Wie fanden Sie die Idee, ein Austauschforum mit Rückerkehrer*innen aus dem Entwicklungsdienst zum Thema Dekolonisierung abzuhalten? Was hat Sie daran gereizt?

Ich fand die Idee ein Austauschforum zu schaffen großartig! Erfahrungen sammeln, sich begegnen und gemeinsam lernen, das sind Grundlagen meiner Arbeit und ich habe mich sehr gefreut diesen besonderen Austausch mit diesen Schwerpunkten moderieren zu dürfen. Nach der Zeit als Fachkraft fließt man oft über vor Eindrücken, Fragen, Erkenntnissen und auch Frustrationen und steht damit meist alleine da, denn das, was man erlebt hat, ist hier in Deutschland schwer zu vermitteln.

Dann ist es wunderbar, wenn ein Raum geschaffen wird, in dem Menschen ähnliche Erfahrungen teilen und ev. ähnliche Fragen und Anliegen haben und genau dafür war dieser Austausch ja da. Dann noch den Blick auf die Fragen und Zugänge der Dekolonialisierung zu stellen, hat den Finger auf einen Punkt gelegt, der wohl alle beschäftigt und zu dem Input und Austausch unbedingt notwendig sind. Daran arbeite ich gerne mit.

Wie haben Sie die Rückkehrer*innen erlebt?

Sehr offen, an den anderen interessiert und bereit, sich mitzuteilen und zuzuhören. Ich habe, neben dem Punkt, dass ja immer zu wenig Zeit ist, gestaunt, wie viel Inhalte wir in dieser kurzen Zeit zum Thema machen konnten. Das lag an der großen Bereitschaft, sich mitzuteilen und die eigenen Erfahrungen auszutauschen – das war sehr besonders zu erleben.

Was können wir/die Gesellschaft von Fachkräften im Entwicklungsdienst und deren Erfahrungen lernen?

Vor allem, dass es immer sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das Leben gibt, dass Wahrheit von niemandem gepachtet werden kann und dass Interkulturalität von gegenseitigem Verständnis, Lernen und Wachstum bestimmt ist. Die Erfahrungen, die Fachkräfte mitbringen, können hier dazu beitragen, einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, besonders bei Fragen, bei denen wir uns im Kreis drehen. Fachkräfte bringen unglaublich viel lokales Wissen mit, von dem wir lernen können, um dann dieses Wissen hier in Deutschland in Wert setzen zu können. Darunter fällt auch die Erfahrung eines anderen Lebensgefühls, eines neuen Zugangs zu Lebensumständen und den Fragen unserer Zeit. Im Austausch mit Fachkräften wird deutlich, dass es sich lohnt, den Blick zu weiten, die eigenen Vorstellungen und Ideen in Frage zu stellen und sich auf Neues und vielleicht auch Unbekanntes einzulassen.

Die Fragen, die wir uns als Weltgemeinschaft stellen müssen, können nur im Kontakt und im Austausch gelöst werden. Das habe ich in diesem Treffen nochmal ganz klar gespürt.

Anne Beer

Was haben Sie mitgenommen? Hat sich Ihr Verständnis von internationaler personeller Zusammenarbeit verändert? Wenn ja, wie?

Mitgenommen habe ich die Lust darauf, tiefer einzutauchen sowie den Respekt vor der Kraft internationaler Begegnung. Die Fragen, die wir uns als Weltgemeinschaft stellen müssen, können nur im Kontakt und im Austausch gelöst werden. Das habe ich in diesem Treffen nochmal ganz klar gespürt. Es ist wichtig, sich dabei auch den Themen zuzuwenden, die schwierig sind, eventuell Angst machen oder auch Ohnmacht auslösen. Dafür braucht es sichere Räume, in denen ein Weitergehen möglich wird, in denen wir den Mut haben, uns ehrlich zu begegnen – ich denke, da haben wir einen Teil zu beitragen können.

Anne Beer ist Ethnologin und Volkskundlerin. Mit Peace Brigades International ging sie in die Menschenrechtsarbeit nach Indonesien, Papua, dann einige Jahre mit Cap Anamur als Friedens- und Konfliktberaterin in ein Straßenkinderprojekt in Nairobi und schließlich für den Weltfriedensdienst im Rahmen des Zivilen Friedensdienst in die Internationale Friedensarbeit. 
annebeer.com